Wie bringt man Nicht-Mathematiker dazu, sich mit Mathematik auseinander zu setzen? Diese Frage treibt Prof. Dr. Brigitte Forster-Heinlein, Inhaberin der Professur für Angewandte Mathematik an der Universität Passau, seit Jahren um. Mit dem Passauer Mathe-Museum hat sie einen Weg gefunden, fachfremden Person – insbesondere Schulklassen – die vielfältigen Anwendungsfelder von Mathematik lebendig zu vermitteln. Gleichzeitig bindet sie ihre eigenen Studierenden eng in diesen Prozess ein. Dafür wurde sie nun mit dem Ars legendi-Fakultätenpreis 2021 des Stifterverbandes ausgezeichnet, einem der renommiertesten Preise für Hochschullehre in Deutschland.
„Gute Lehre braucht begeisternde Persönlichkeiten, die über die reine Wissensvermittlung hinaus mit ihren Studierenden zusammenarbeiten und ihnen so ein Stück ihrer eigenen Begeisterung mitgeben“, so Prof. Dr. Bettina Noltenius, Vizepräsidentin für Studium, Lehre und Ethik der Universität Passau. „Eine solche Persönlichkeit ist Brigitte Forster-Heinlein. Meine herzliche Gratulation für diese verdiente Auszeichnung ihres großen Engagements.“
Mit dem Mathe-Museum hat Prof. Dr. Forster-Heinlein eine Plattform aufgebaut, auf der Studierende ihre Werke dauerhaft und namentlich präsentieren. „Zusätzlich zu den üblichen Anforderungen an eine schriftliche Seminar- oder Abschlussarbeit in der Mathematik konzipieren sie ein instruktives Ausstellungsstück, das Schülerinnen und Schülern den mathematischen Sachverhalt auf attraktive Art vermittelt“, erklärt sie. „Die Aussicht auf ein sichtbares Werk im Museum motiviert die Studierenden zu einer sehr intensiven Auseinandersetzung mit der mathematischen Aufgabenstellung und der didaktischen Aufbereitung.“ Das Exponat kann etwa ein mathematischer Apparat, eine Experimentier-Kiste, eine Themen-Webseite, ein Applet, Unterrichtsmaterialien, ein Poster oder ein Film sein. Das jeweilige Thema ist vorgegeben. Mit dem Bau ihres Ausstellungsstücks belegen die Studierenden nicht nur fachliche Kompetenz, sondern trainieren auch kommunikative Fähigkeiten.
Was die Jury darüber hinaus besonders faszinierte: Der Großteil der Ausstellungsstücke im Mathe-Museum sind sogenannte Hand-On-Exponate, das heißt sie können nicht nur angeschaut, sondern auch ausprobiert werden. Ein mechanischer Oszillograph, ein Automat, der den Klang einer Saite sichtbar macht, eine Knotenkiste und ein Tornado zum Hineinfassen machen Geometrie, Differentialgleichungen und Analysis im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar. „Bei einem Besuch des Museums kann man spielerisch einen neuen Zugang zur Mathematik finden“, erläutert Prof. Dr. Forster-Heinlein.
Der Ars legendi-Fakultätenpreis für Mathematik und Naturwissenschaften wird für herausragende, innovative und beispielgebende Leistungen in der Hochschullehre vergeben und soll deren besondere Bedeutung für die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sichtbar machen. Er wird jährlich in den Kategorien Biowissenschaften, Chemie, Mathematik und Physik verliehen und ist mit jeweils 5.000 Euro dotiert. Ausgelobt wird der Preis vom Stifterverband gemeinsam mit der Deutschen Mathematiker-Vereinigung, der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, der Gesellschaft Deutscher Chemiker und dem Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland. Er ist nach eigenen Angaben der einzige Lehrpreis in Deutschland, der bundesweit, statusgruppenübergreifend, und hochschulübergreifend vergeben wird.
Das Passauer Mathe-Museum wurde 2012 als Dauerausstellung im Foyer des Gebäudes Informatik und Mathematik eingerichtet. Corona-bedingt bietet das Museum derzeit auf der Seite des Passauer Mathe-Museum Online-Workshops, Web-Apps und Filme an. Sobald es die pandemische Lage zulässt, können Gruppen und Schulklassen wieder individuelle Termine für Führungen vereinbaren.