Forschung
Die Forschungsinteressen an der Professur für Didaktik der Mathematik liegen im Kontext eines nicht-reduktionistischen, vernetzenden und defragmentierenden Lehr- und Forschungsparadigmas, das generell eine „Verpflichtung in der Fachdidaktik zum interdisziplinären Arbeiten“ (Winter, 1985, S. 87) sieht und neben der Mathematik selbst vor allem auch die „menschliche Seite des Mathematikunterrichts“ (Sträßer, 2015, S. 31) berücksichtigt. Es werden deswegen auch methodisch verschiedene situationsadäquate Verfahren verwendet (vgl. z.B. Bikner-Ahsbahs et al., 2015; Wittmann, 2015): empirisch-qualitativ, moderat empirisch-quantitativ, Mixed Methods, Design-basiert oder auch strukturgenetisch-analytisch bzw. didaktisch-entwicklungsforschend sowie mitunter rein theoretisch, curriculums- oder schul- bzw. lehrbuchbezogen.
Thematisch verfolgen die Forschungsinteressen vor allem die Felder Vernetzung und Defragmentierung, Begabungs- und Kreativitätsaspekte, digitale Werkzeuge bzw. die Kombination von „neuen“ und „alten“ Medien, mathematikgeschichtliche Aspekte, Narrative Didaktik, Übergang Schule-Hochschule und mathematische Beliefs bzw. (motivationale) Einstellungen zu Mathematik. Der Schwerpunkt befindet sich dabei im Bereich der Sekundarstufen. Im Primarbereich liegt der Schwerpunkt in der inklusiven Begabungsförderung. Heterogenitäts- und Diversitätsaspekte werden dabei oft mit adressiert.
Das zentrale Forschungsdesiderat einer nicht-reduktionistischen, defragmentierenden und vernetzenden Didaktik findet sich dabei in unterschiedlicher Ausprägung in den einzelnen Forschungsfeldern wieder:
Vernetzung und Defragmentierung: Lehren und Lernen von Mathematik durch Vernetzung mit unterschiedlichen Kontexten; Vernetzte Visualisierung von mathematischen Wissenselementen in den Dimensionen zeitliche Entwicklung und thematischer Zusammenhang (DIMM-Projekt); Design-based-Research mit empirischer Evaluation der didaktischen Werkzeuge und Lehr-Lern-Formate; Adressierung der ersten und insbesondere zweiten Klein'schen Diskontinuität; Kooperation von Fachdidaktik und Fachwissenschaft; Internationale Kooperationen; Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Erweiterbarkeit; Didaktische Entwicklungsforschung bzgl. vernetzender Materialien für den Mathematikunterricht (u.a. im Rahmen der GDM-AK-Schriftenreihe); alle Schulstufen mit Schwerpunkt Sekundarstufen
Mathematische Begabung und Kreativität: Beziehungsgeflecht zwischen Begabungspotential und Leistungsbewertung; Kontextabhängigkeit des Begabungskonstrukts; Twice exceptional children; Mathematische Beliefs bzw. Einstellungen zu Mathematik; Theoretische, empirische und unterrichtspraktische bzw. didaktisch-entwicklungsforschende Arbeiten; Internationale Kooperationen; Inklusive Begabungsförderung; alle Schulstufen, insbesondere auch Primarstufe
Neue / Digitale Medien im Mathematikunterricht: Verbundeinsatz von digitalen und traditionellen Werkzeugen im Mathematikunterricht; „Mit Medien mathematisch arbeiten“ (KMK, 2022); Wissenschaftliche Erprobung und Evaluation neuer Medien im bayernweiten Schulversuch sowie im persönlichen Unterrichtseinsatz; Internationale Kooperationen; alle Schulstufen mit Schwerpunkt Sekundarstufen
Narrative Didaktik: Verbindung von J. Bruner's "logico-scientific mode" und "narrative mode"; Ganzheitliche Lehrstrategie im Verbund Mathematik-Didaktik-Technologie-Geschichte-Narration inkl. qualitativer Evaluation; Affektive und motivationale Dimension des Lehrens u. Lernens, u. a. auch bzgl. leistungsschwacher Lernender; Interdisziplinärer Ansatz; STEAM Education; alle Schulstufen
Mathematische Beliefs: u.a. Erhebung und Analyse der Sichtweisen von Lernenden und Lehrenden auf Mathematik (und Aspekte des Mathematikunterrichts) in verschiedenen institutionellen und kulturellen internationalen Kontexten; Schwerpunkt Sekundarstufen
Übergang Schule-Hochschule: Adressierung der ersten Klein'schen Diskontinuität; Verbindung zwischen Schul- und Hochschulmathematik; Didaktische Entwicklungsforschung und empirische Erhebungen; Schwerpunkt Sekundarstufe II und Tertiärbereich
Genaueres zu den Forschungsgebieten findet sich auf den jeweiligen verlinkten Unterseiten der einzelnen Forschungsfelder, den Projektseiten sowie in den zugehörigen Publikationen (Professurinhaber).
Literatur
Bikner-Ahsbahs, A., Knipping, C., & Presmeg, N. (Eds.). (2015). Approaches to Qualitative Research in Mathematics Education – Examples of Methodology and Methods. Advances in Mathematics Education. Springer. https://doi.org/10.1007/978-94-017-9181-6
Sträßer, R. (2015). Mathematikdidaktik – mehr als das Design praktikabler Kurse für den Mathematikunterricht. Eine Replik auf Erich C. Wittmann. GDM-Mitteilungen, 99, 30–32.
Winter, H. (1985). „Reduktionistische Ansätze in der Mathematikdidaktik.“ Der Mathematikunterricht (MU) 31(5), 75–88.
Wittmann, E. C. (2015). Strukturgenetische didaktische Analysen – empirische Forschung „erster Art“. mathematica didactica, 38, 239–255. http://www.mathematica-didactica.com/altejahrgaenge/md_2015/md_2015_Wittmann_Stoffdidaktik.pdf